Auszubildende in London bei einem Gastaufenthalt.
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Pressemitteilung Nr. 21 vom 25.4.201910 Jahre Auslandsaufenthalte für Auszubildende

Sie hat den Schock, den Jubel, die Verzweiflung am Tag des „Brexit“ vor 3 Jahren unmittelbar vor Ort miterlebt und – durchlitten: Anika Görtz, damals Auszubildende im Auslandspraktikum in London, im Kaufhaus „Harrods“. „Den Unmut, die Sorgen der Kollegen so direkt mitzubekommen, war etwas völlig anderes, als von einem solchen Ereignis zu Hause nur in den Nachrichten zu hören", erinnert sich die heute 24-jährige Konditorin an denkwürdige 3 Wochen in Großbritannien zurück.

Organisiert hatte den Arbeitsaufenthalt in der Patisserie und Confiserie des weltberühmten Konsumtempels die Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf. Und auch der Ausbildungsbetrieb, das Café Haberstroh in Krefeld, ergriff sofort die Chance, den talentierten Lehrling in seiner Neugier und Autonomie zu fördern und noch ein Stück enger an den Betrieb zu binden. Anika Görtz bestätigt den berufsbezogenen „Nährwert“ ihrer Hospitanz, dort die einzigartige Sortimentsvielfalt studieren zu können, mit filigranen, aufwändigen Arbeiten etwa an den Garnituren und Dekorationen der Torten und Pralinen betraut worden zu sein. Sie ist bis heute dankbar, die Prozesse kennengelernt zu haben, die nötig sind, um „wirklich große Mengen“ zu produzieren - einschließlich der Einsicht, „wie wenig eine solche Arbeitsweise in detailliert vorgeschriebenen Arbeitsschritten an einem einzelnen Produkt eine Option für meine eigene Zukunft war.“

Handwerkskammer stellte 10-Jahres-Bilanz ihrer Mobilitätsförderung vor.

Der Bericht von Anika Görtz aus der Dokumentation geförderter Auslandsaufenthalte in der HWK fasst beispielhaft zusammen, was den besonderen Wert einer Stage als Berufsanfänger in einem anderen Land ausmacht: „Eine konzentrierte Lebens- und Arbeitserfahrung in Selbstbestimmung, die die eigenen Interessen und Neigungen weiter differenzieren hilft, mit einem kaum zu überschätzenden Schuss Zugewinn an persönlicher Reife als Zugabe,“ brachte der Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Fuhrmann den individuellen Erkenntnisgewinn der Mobilitätsförderung der Handwerkskammer Düsseldorf auf den Punkt. Die Kammer stellte am Donnerstag bei einem Pressetermin in der im Lehrlingsaustausch erfahrenen Metzgerei Grefges in Düsseldorf eine 10-Jahres-Bilanz ihrer Mobilitätsförderung im Rahmen des Programms „Berufsbildung ohne Grenzen“ (Träger: das Bundeswirtschaftsministerium) vor.

Bislang mehr als 1.200 Auszubildende in Gastaufenthalten im Ausland

Die Anzahl der internationalen Praktikumsaufenthalte hat sich seit Beginn des Beratungs- und Betreuungsschwerpunkts der Kammer von 24 (2009) auf 156 im letzten und bis zu 200 in diesem Jahr erhöht. Insgesamt mehr als 1200 JunghandwerkerInnen aus dem Kammerbezirk und aus 7 Zielländern ergriffen im Beobachtungszeitraum die Chance zum Kulturübertritt. Am fleißigsten machen Lehrlinge des Konditoren-, Tischler-, Kfz-, Friseur- und Bäckerhandwerks von der Möglichkeit zur Lernexkursion ins Ausland Gebrauch. „Dabei zeigt sich, dass ausbildende Betriebe, die einmal Lehrlinge entsandt oder aufgenommen haben, in der Regel immer wieder dabei sind,“ beschrieb Fuhrmann einen zentralen Erfolgsfaktor der Maßnahme. „Denn die Austausche lassen eine Win-Win-Situation für die beteiligten Betriebe, die Auszubildenden und auch die Mitarbeiterschaft entstehen.“

„Auch mein Unternehmen und unsere Mitarbeiter haben von der Aufnahme von Fleischer-Lehrlingen aus Frankreich profitiert: von neuartigen Rezepturen oder technischen Kniffen in der Fertigung, die die Qualifikanden mit hierherbrachten - und davon, dass auch mein eigener Firmennachwuchs mit in die Gastgeberrolle hineinwuchs und dadurch an Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft gewann“, bestätigte auch Inhaber Uli Grefges einen greifbaren Kompetenzzugewinn am Beispiel seiner Firma. „Für ein ausbildendes Unternehmen bietet ein organisierter Gastaufenthalt vor allem auch eine ideale Gelegenheit, sich mit wenig Aufwand bei der Nachwuchs-Akquise im Wettbewerb um die besten Köpfe unterscheiden und positionieren zu können,“ ergänzte Fuhrmann ein weiteres schlagkräftiges Motiv für Firmen, sich Mobilitätsprojekten zu öffnen.

Fuhrmann: Lehrlingsaustausch mit Frankreich und 6 weiteren Staaten „eine Erfolgsgeschichte“

Regelmäßige Zielländer des organisierten Lehrlingsaustauschs sind Frankreich, Finnland, Großbritannien, Spanien, Schweden, Polen und Malta. Frankreich steht dabei klar im Mittelpunkt der Mobilitätsförderung der Kammer: Alleine 41 Prozent aller Gruppenaustausche werden mit dem südwestlichen Nachbarland durchgeführt. Der Frankreich-Fokus kommt nicht von ungefähr: Das dort errichtete teilweise duale Ausbildungssystem mit betrieblichen (20%) und vollzeitschulischen Qualifizierungsanteilen begünstigt eine problemlose Abwicklung. Von noch größerer Bedeutung für das enge Miteinander dürfte jedoch dieser Faktor sein: Noch im laufenden Jahr begeht die HWK Düsseldorf das 50-jährige Jubiläum ihrer drei Kammern-Partnerschaften mit den Chambres de Metiers et de l´Artisanat (CFA) in Tours, Blois und Chartres. Und auch dieser Aspekt ist nicht zu vernachlässigen: Frankreichfahrern gewährleistet die HWK eine Vollförderung.

Nicht alle Ausbildungsberufe sind bislang in den Lehrlingsaustausch mit dem romanischen Nachbarn eingestiegen. Seit 2009 wechseln im Jahresturnus Auszubildendengruppen im Kosmetiker-, im Raumausstatter- und (zweijährlich) und im Uhrmacherhandwerk zur CFA nach Tours und umgekehrt von dort an den Rhein. Für die ebenfalls regelmäßig stattfindenden Austausche im Kfz-Handwerk, in den Bauberufen und in berufsgemischter Formation unter Einschluss angehender Bäcker, Fleischer, Konditoren und Friseure stehen aber auch andere Destinationen in Frankreich zur Verfügung: Jeweils 10 unterschiedliche Berufsbildungs-Einrichtungen sichern in verschiedenen Städten in beiden Ländern die Unterbringung und qualifikatorische Unterweisung. Im Kammerbezirk engagieren sich alleine 7 Berufskollegs.

Auslandaustausche im Tischlerhandwerk am beliebtesten

Bereits im 20. Jahr und damit am längsten nutzen Lehrlinge im Tischlerhandwerk in und um Düsseldorf eine gesonderte Kooperation der HWK mit dem Verband „Compagnons du Devoir“ in La Rochelle, der auch wandernde Gesellen betreut. „Und mit den beiden weiteren in Partenariaten mit Düsseldorf verbundenen Kammern in Blois und Chartres sind für die Zukunft zusätzliche Mobilitätsprojekte fest vorgesehen,“ kündigte HWK-Mobilitätsberaterin Rebecca Hof eine weitere Expansion des Erfolgsprojektes an.

Übrigens sind auch individuelle (Arbeits)Aufenthalte im Ausland über die Mobilitätsberatung der Kammer förderfähig. Bisher suchen Auszubildende am häufigsten skandinavische Länder, das Vereinte Königreich und Österreich für ein Einzel-Praktikum aus. 4-wöchige Aufenthalte können über das EU-Programm „Erasmus +“ mit im Schnitt 1.000 Euro bezuschusst werden.

Weitere Infos:

 www.hwk-duesseldorf.de/ausland

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