Auf dem Titelfoto des neuen Geschäftsberichts der Handwerkskammer: das Team der "Werkstatt für Kleiderkunst" in Düsseldorf
HWK Düsseldorf
Auf dem Titel des neuen Geschäftsberichts: die "Werkstatt für Kleiderkunst" in Düsseldorf. Gewandmeisterin Angelika Nowotny und ihr Team fertigen Kostüme für internationale Bühnen.

Werkstatt 2019: Beim Schwerpunktthema "In Frauenhand" dreht sich alles um Frauen im Handwerk.Handwerkskammer veröffentlicht Geschäftsbericht

Pressemitteilung Nr. 33 vom 26. Juni 2019

“Das Handwerk ist auf jeden Fall weiblicher geworden.” So lautet die Einschätzung einer der Frauen aus dem Vorstand der Handwerkskammer Düsseldorf. Nachzulesen ist das Interview mit den vier engagierten Handwerkerinnen im Geschäftsbericht der Handwerkskammer, den diese anlässlich ihrer Sommer-Vollversammlung am Mittwoch vorlegte.

Auch diesmal hat sich die Handwerkskammer für ihre Publikation ein Schwerpunktthema ausgesucht, das Aktualität verspricht. „Eine Aktualität, die über die gesellschaftliche Situation hinaus auch durch wirtschaftliche Tatbestände wie den Fachkräftemangel bestimmt wird: Wir können uns schlicht nicht erlauben, auf Frauen als Unternehmerinnen, Mitarbeiterinnen und Auszubildende zu verzichten“, so Hauptgeschäftsführer Axel Fuhrmann vor dem höchsten Gremium des Wirtschaftsverbands. „Mit dem Schwerpunkt „In Frauenhand“ wagen wir ein Statement zum Thema Frauen im Handwerk – nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Dabei gehe es nicht darum, mit fertigen Antworten aufzuwarten, sondern Fragen zu stellen und Denkanstöße zu geben. Und diese Diskussion will die Kammer nach eigener Aussage anhand von konkreten Beispielen aus ihrem Kammerbezirk führen, vor Ort – deshalb auch der Titel „Werkstatt 2019“. *

Ob in der Fahrzeuglackiererei, im Sachverständigenbüro oder im Zahntechniker-Labor – hier kommen Frauen zu Wort, die etwas zu sagen haben, weil sie selbst im Handwerk arbeiten. Als Geschäftsführerin, Auszubildende, Meisterschülerin oder Vorständin, sozial oder ökologisch engagiert, sensibel, zupackend. Frauen mit klaren Standpunkten und Überzeugungen, für die “Familienmensch oder Karrierefrau” keine Kategorien mehr sind, in die sie hineinpassen (wollen). Sie geben Auskunft über ihren Werdegang, über ihr Handwerk, erzählen von Schwierigkeiten und Hindernissen, die sie zu überwinden hatten, aber auch von positiven Entwicklungen, die hoffen lassen.

Viel Luft nach oben

Die Frage, ob Frauen im Handwerk denn überhaupt noch ein Thema sind, muss eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden, denn beim Frauenanteil unter Auszubildenden, Meisterabsolventen, Gründern und Betriebsinhabern ist derzeit viel Luft nach oben. So sind auch die gewählten Beispiele aus dem Geschäftsbericht zunächst einmal eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustands, der durch die vorliegenden aktuellen Zahlen bestätigt wird.

Im Kammerbezirk Düsseldorf wird demnach inzwischen rund jeder vierte Betrieb von einer Frau geführt – Tendenz leicht steigend: Die Zahl der Unternehmen „in Frauenhand“ lag 2012 bei 23,5°%, im Jahr 2018 bei 26,3°%. Der Wert liegt allerdings unter dem der Gesamtwirtschaft – aufgrund der Branchenstruktur im Handwerk und der Tatsache, dass Frauen vorwiegend im Dienstleistungssektor gründen. So finden sich unter den Betriebsinhaberinnen nach wie vor viele Friseurinnen, Maßschneiderinnen und Kosmetikerinnen. Auf das Gründungsverhalten scheinen sich – neben der Doppelbelastung von Familie und Beruf und Persönlichkeitsfaktoren wie der geringeren Risikobereitschaft von Frauen – auch traditionelle Rollenbilder weiterhin auszuwirken. Bei Übergaben in Familienunternehmen werden diese jedoch häufiger durchbrochen – hier übernehmen die Töchter auch in den sogenannten männerdominierten Berufen. Die ehrenamtlich tätigen Handwerkerinnen sind hingegen stark in der Minderheit: Nur 21 von über 200 Obermeistern im Kammerbezirk sind weiblich. Unter den insgesamt etwa 350 vereidigten Sachverständigen gibt es nicht einmal 20 Frauen.

Bei den beliebtesten Ausbildungsberufen stehen der Friseurberuf und die kaufmännischen Berufe zwar immer noch an erster Stelle, doch Gesundheitsberufe wie Augenoptik oder Zahntechnik schneiden ebenfalls gut ab; Malerin und Lackiererin, Tischlerin und Kfz-Mechatronikerin schafften es 2018 unter die ersten zehn. Insgesamt scheint sich die Konzentration auf einige wenige Gewerke sowohl bei der Berufswahl als auch beim Anteil der weiblichen Beschäftigten und Unternehmer, wenn auch langsam, zu verringern. Die Erfolgsquote bei den Gesellenprüfungen – seit 20 Jahren übertreffen die Frauen hier die männlichen Prüflinge – bestätigt den allgemeinen Trend: Mädchen und Frauen machen die besseren Abschlüsse (andererseits mit ein Grund dafür, dass der Trend zur Akademisierung bei Schulabgängerinnen noch stärker ausgeprägt ist).

Perspektiven für Frauen im Handwerk

Was also kann man tun, um Mädchen und Frauen die ganze Vielfalt handwerklicher Berufswege zugänglich zu machen? Wie lassen sich Klischees erkennen und abbauen – schon bei der Berufsorientierung in der Schule? Und schließlich: Wie schafft man die praktischen Voraussetzungen – zum Beispiel für eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit? Speziell das Handwerk könnte hier durchaus mit seinen Familienbetrieben punkten! Darüber hinaus spielen die körperlichen Voraussetzungen in vielen Gewerken eine geringere Rolle als früher. Und der Wandel auf dem Arbeitsmarkt bietet auch viele Chancen: mit mehr Digitalisierung, hin zu innovativen und kreativen Lösungen, partizipativem Führungsstil – was gerade Frauen entgegenkommt. Unternehmen mit gemischter Belegschaft berichten durchweg von positiven Auswirkungen auf das Betriebsklima und sind oft wirtschaftlich erfolgreicher. Ein Grund mehr, das bei weitem nicht ausgeschöpfte Potenzial gut qualifizierter Frauen für das Handwerk nutzbar zu machen. Außerdem ist zu bedenken: Die Frauen, die sich jetzt nicht für den Weg ins Handwerk entscheiden, fehlen auch später als engagierte Chefinnen und Funktionsträgerinnen in der Handwerksorganisation.

Wissenschaftliche Untersuchungen darüber, wie Frauen im Handwerk repräsentiert sind, liegen schon einige Jahre zurück. Zuletzt wurden 2015 und 2016 vom Volkswirtschaftlichen Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen die vom Niedersächsischen Landesministerium und von der Handwerkskammer Düsseldorf in Auftrag gegebenen Studien „Frauen im Handwerk“ und „Frauen gehen in Führung“ veröffentlicht. Im Wesentlichen gelten die dort gemachten Feststellungen und Empfehlungen unverändert: im Handwerk eine „Willkommenskultur“ jenseits tradierter Geschlechterrollen etablieren, gemeinsam mit Schulen und Elternhaus den Mädchen und Jungen eine Berufswahl gemäß ihrer Fähigkeiten ermöglichen, das Angebot für höher qualifizierte Schulabgängerinnen ausbauen, Frauen durch Netzwerke und Initiativen bei der Gründung, Unternehmensführung und Weiterbildung wirksam unterstützen, die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und nicht zuletzt in der medialen Darstellung mit selbstbewussten Vorbildern für die Handwerkskarrieren von Frauen werben.

Einiges von dem hat die Kammer in den vergangenen Jahren bereits umgesetzt – so mit der Kampagne ihrer Akademie („Wir können Technik“ / Meisterinnen in technischen Berufen), mit den Aktionstagen der Abteilung Wirtschaftsförderung („Frauen gehen in Führung“), mit der gezielten Ansprache von Mädchen bei der Ausbildungsberatung in Schulen und der Einführung des „Trialen Studiums“ als Angebot für besonders leistungsstarke Schulabgänger/innen. Jetzt also folgen die authentischen Porträts über Mitgliedsbetriebe „in Frauenhand“: „Wenn Vorbilder geeignet sind, alte Denkmuster aufzubrechen, ist das Beispiel dieser Handwerkerinnen ein Plädoyer für Vielfalt statt Stereotype“, fasste Kammerpräsident Andreas Ehlert die Erkenntnis aus der Begegnung mit den Frauen zusammen.

* Die Publikationsreihe der „Werkstattberichte“ gibt die Handwerkskammer seit 2009 im Zwei-Jahres-Turnus heraus. Neben einem Zahlen- und Faktenteil, der über die wirtschaftliche Entwicklung sowie Organisation und Serviceangebot der Kammer informiert, wird im Magazinteil ein aktuelles Schwerpunktthema mit aussagekräftigen, bildstarken Porträts von Mitgliedsbetrieben aus dem Kammerbezirk illustriert.

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Frauke Kerkmann

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