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Kammer legt Gutachten vor: Fachkräftemangel weitet sich aus - Unternehmen investieren in betriebliche Effizienz.Herbst-Konjunktur im Allzeithoch

Pressemitteilung Nr. 50 vom 17.10.2017

Im Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper hat sich die konjunkturelle Hochstimmung auch im Herbst 2017 mit einem Allzeithoch fortgesetzt. Der von der HWK Düsseldorf gemessene Geschäftsklima-Index erreichte einen neuen Spitzenwert von 128 Prozent; zwei Prozentpunkte über dem bisherigen Bestwert aus dem Frühjahr dieses Jahres. Die Hälfte (48 %) der von der HWK Düsseldorf repräsentativ befragten Unternehmen (Panel = 8.000; Rücklauf 1002) berichtet von einer guten allgemeinen Geschäftslage. Ein Viertel (26 %) der Betriebe erwartet von diesem hohen Niveau aus sogar eine weitere Verbesserung. Die Hochstimmung wird diesmal von den Betrieben aus dem Ausbaugewerbe und aus den Handwerken für den gewerblichen Bedarf – den Zulieferunternehmen für die Industrie – getragen. „Einen gleichbleibend guten Geschäftsgang bis zum Jahresende gesetzt, dürfte die Handwerkswirtschaft im Kammerbezirk Düsseldorf ein Umsatzplus von nominal mindestens 2 Prozentpunkten einfahren“, kündigte der Präsident der Kammer, Andreas Ehlert, auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Düsseldorf an. Das ansonsten strahlende Konjunkturbild wird allerdings durch den anhaltenden Fachkräftemangel getrübt: Trotz dynamischer Auftragsentwicklung werden sich die 57.525 Unternehmen des Wirtschaftssektors bei der Jahresendabrechnung voraussichtlich damit begnügen müssen, ihren Gesamtbeschäftigtenstand von Jahresanfang (320.126 Mitarbeiter) allenfalls um knapp einen halben Prozentpunkt steigern zu können.

 Konjunkturgutachten im Detail: Vollauslastung und Personalmangel treiben Automatisierung

  • Klar nach oben mit einem Saldo der positiven und negativen Antworten von plus 12 bzw. 13 Prozentpunkten zeigen die Umsatzentwicklung und die Auftragseingänge. Drei von zehn Betrieben sind (ungeachtet der saisonal im Winterhalbjahr typischerweise schwächeren Nachfrageimpulse) optimistisch, dass sich die Umsatzentwicklung bei ihnen bis zum Frühjahr 2018 sogar noch weiter verbessern wird. Weiteres Umsatzwachstum sieht allen voran die Bauwirtschaft voraus. Alle sieben Gewerbegruppen des Wirtschaftsbereichs gehen für die kommenden Monate kammerweit von einer positiven Entwicklung der Auftragsbestände aus.
  • Die Kapazitäten im Handwerk fahren praktisch Volllast. Die Auslastung der Betriebe bewegt sich mit 84 Prozent auf dem hohen Niveau der Frühjahrs- und Vorjahresumfragen. Deutlich länger als im Frühjahr und Vorherbst, nämlich um eine ganze Woche, fallen nun mit im Schnitt 6,1 Wochen die Auftragsreichweiten aus.
  • Ein Viertel der Betriebe meldet offene Stellen. „Die am stärksten personalsuchenden Firmen des Gewerblichen Bedarfs und der Lebensmittelberufe leiden akut unter Fachkräftemangel. Bei Fleischern, Konditoren und Bäckern ist der Mangel an Fachkräften und Betriebsübernehmern mittlerweile sogar Hauptursache für Betriebsaufgaben“, kommentierte Ehlert diese Rückmeldung der Firmenchefs. Erst mittelfristig werde sich ein positiver Gegentrend auszahlen, wonach die Entwicklung auf dem handwerklichen Ausbildungsmarkt im Bezirk nunmehr bereits im zweiten Jahr in Folge positiv verläuft. Die Kammer rechnet zum Jahresende mit einem deutlichen Plus bei den neu geschlossenen Ausbildungsverträgen „um mehrere Prozent“, so Ehlert.
  • Das Gros der Unternehmen behilft sich unterdessen mit der Modernisierung und Effektivierung der Betriebsanlagen und betrieblichen Abläufe. Die Investitionen haben sich signifikant belebt. Jeder vierte befragte Betrieb (24 %) hat seine Ausgaben gesteigert. „Insbesondere die Datenautomatisierung und Digitalisierung schreiten voran“, konkretisierte Ehlert das veränderte Investitionsverhalten der Handwerker.
  • Fast flächendeckend konnten die Unternehmen eine Anpassung der Preise für Produkte und Services durchsetzen und dadurch ihre Ertragskraft stärken. Einzige Ausnahme ist das Kfz-Handwerk, das im Neu- und Gebrauchtwagengeschäft Preiszugeständnisse machen musste.
  • Bankenkredite nahmen die Betriebe im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt insgesamt weniger oft in Anspruch, allerdings hat der Anteil der Betriebe nennenswert zugenommen, der sich negativ über die Kreditvergabepraxis der Institute äußert.

Geschäftsklima in Branchengruppen und Regionen: Tendenz zur Spreizung; Revier hinkt nach

  • Das Ausbaugewerbe behauptete seine Frontposition als Lokomotive der Hochkonjunkturphase. Der Geschäftsklimaindex erreichte satte 133 Prozent. 58 Prozent der Firmen melden eine weitere Belebung ihres Geschäftsgangs. Jedes dritte Unternehmen konnte Orders und Umsätze in den vergangenen 6 Monaten steigern.
  • Auftraggeber des Bauhauptgewerbes (Index 127 %) müssen sich auf längere Fristen zur Auftragserledigung einstellen. Die Auftragsweite stieg seit Frühjahr um knapp zwei auf jetzt 9,2 Wochen. Das Geschäftsklima der „Zugmaschine“ unter den Handwerksgruppen bildet mit einem Branchenwert von 127 Prozent (Vorjahr: 118) exakt den dynamischen Verlauf der Geschäftsentwicklung im Handwerk ab.
  • Die Branchengruppe Gewerblicher Bedarf (131 %) stellt aktuell die zweite große Konjunktur-Zugmaschine Handwerk; jeder dritte Zulieferer hat derzeit offene Stellen zu vergeben.
  • Dagegen schwächt sich die Dynamik im Kfz-Gewerbe (120 %) nach Einschätzung der befragten Inhaber der Werkstattunternehmen leicht ab. Zwar erwarten 26 Prozent eine weitere Belebung der Auftragseingänge, die im Winter vor allem das Werkstattgeschäft betreffen; aber ein leicht größerer Anteil der Befragten (27 %) rechnet angesichts wachsenden Misstrauens und Missmuts unter gewerblichen und privaten Diesel-Kunden eher mit Auftragsrückgängen.
  • Eine verhaltenere Geschäftsentwicklung in den zurückliegenden 6 Monaten, aber starker Optimismus mit Blick auf die Nachfrage im Spätjahr und Winter vereint die übrigen Branchen-gruppen: die Lebensmittelhandwerke (Index 122 %), Gesundheitsgewerbe (126 %) und die Personenbezogenen Dienstleistungen (108 %). Bäcker, Fleischer, Konditoren hoffen wie die Augenoptiker, Goldschmiede, Maßschneider oder Uhrmacher auf das Weihnachtsgeschäft.

In regionaler Betrachtung fällt das tendenzielle Zurückbleiben des Teilraumes Ruhr-West mit den Städten Essen, Oberhausen und Mülheim und dem Kreis Wesel gegenüber dem Kammerdurchschnitt diesmal stärker aus. Während am Linken Niederrhein der dort breiter vertretene Bausektor und im Bergischen Land die Spitzenkonjunktur in der Zulieferwirtschaft das Geschäftsklima auf jeweils 131 Prozent hochtrieben, erreichte der Indexwert für das Handwerk im Revier nur 125 Prozent. „Die relative Strukturschwäche des montanwirtschaftlichen Subventionsgebiets droht sich zu verfestigen“, konstatierte Ehlert. Industriell seien längst das Märkische, Sauer-, Sieger- und Münsterland stärker. „In NRW außerhalb des Ruhrraums existieren heute 11,5 Betriebe je 1.000 Einwohner; im Ruhrgebiet nur 8,6. Die Arbeitsproduktivität ist um 10 Prozent geringer, die Arbeitslosigkeit am höchsten, die Bevölkerung rückläufig“, markierte Ehlert Ursachen und empfahl der Landespolitik und den Akteuren vor Ort, ihr Augenmerk stärker auf die Qualifikation der Menschen und deren Mut zur Selbstständigkeit zu richten sowie den Innovationstransfer mit der Wissenschaft und die Kooperation mit Unternehmen außerhalb der Region zu fördern. „Die Montan- muss zur Meisterregion werden“, fand Ehlert eine griffige Formel.

Konjunkturelles Umfeld: Risiko NOx; Chance Entbürokratisierung

Als größtes Risiko für die Hausse im Handwerk bezeichnete Ehlert das Diesel-Gate der deutschen Automobilindustrie mit der mittelbaren Folge drohender Einfahr-Verbote für den größten Teil der Fahrzeugflotte des Wirtschaftsbereichs in die Innenstädte des Bezirks. Die Kammer hat zu den Auswirkungen eines solchen „alles andere als unrealistischen“ (Ehlert) Szenarios eine Sondererhebung durchgeführt. Danach würden mehr als 80 Prozent der handwerklichen Nutzfahrzeuge an den Stoppschildern der Luftreinhaltegebiete umkehren müssen; die Versorgung der Geschäfte, Baustellen und Privathaushalten in den Zentren von Düsseldorf, Essen und weiteren Städten wäre gefährdet, ebenso die Existenz zahlreicher Betriebe und Arbeitsplätze. „Auch die am Dienstag im Rathaus beschlossene Verfünfzehnfachung der Gebührenhöhe in mehreren Staffelschritten bis 2020 für Handwerkerparkausweise zeuge nicht von einem entwickelten Bewusstsein für die Bedingungen, die Selbstständige benötigen, um Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Betriebes und für die Arbeitsplätze übernehmen können. Handwerker müssen bauen und liefern, warten und reparieren. Wir können uns nicht aussuchen, ob wir in die Stadt fahren wollen oder nicht. Wer will, wem nützt eine stillgelegte Stadt? Die Zeiten für eine Grundhaltung „Dann melken wir eben die Wirtschaft. Die Unternehmen können‘s verkraften“, sind jedenfalls vorbei“, spitzte Ehlert sein Befremden emotional zu.

Impulse für nachhaltiges Branchenwachstum und Unterstützung für die Bemühungen des Handwerkssektors um ausreichenden Nachwuchs verspricht sich Kammerpräsident Ehlert dagegen von Vorhaben der neuen Landesregierung, die zum Einen die „erhebliche“ bürokratische Grundbelastung der Betriebe zurückfahren und den Beruflichen Bildungssektor massiv stärken will. „Das sind zentrale Themen und vertrauensbildende Wegmarken“, so der Handwerkspräsident.

Konrad Alexander Europawahl

Alexander Konrad

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