Die Diskussion über FahrverboteDieselfahrzeuge
Dieselskandal, Fahrverbot für Diesel, blaue Plakette, Dieselgipfel – das sind nur einige Schlagworte der letzten Zeit. Was steckt hinter den Berichten in den Medien?
Was ist der Anlass?
Um die Luftqualität in Europa zu verbessern, wurde 2008 die Europäische Luftqualitätsrichtlinie mit verschärften Emissionsgrenzwerten erlassen und mit dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) in deutsches Recht überführt. Grund für die Verschärfung ist, dass nach Schätzungen der europäischen Umweltagentur pro Jahr allein in Deutschland bis zu 40.000 Menschen an gesundheitsschädlichen Emissionen erkranken und sterben. Zur Durchsetzung der Richtlinie wurden in der 39.BImSchV Grenzwerte und Alarmschwellen für die Konzentration von bestimmten Schadstoffen in der Luft festgelegt. Für Stickstoffdioxide (NO2) liegt der Grenzwert z. B. bei 40 µg/m3 Luft. Bei Überschreitung dieser Grenzwerte werden Maßnahmen erforderlich, mit denen die Luftschadstoff- Belastung gesenkt werden soll.
Der Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2), der bereits seit dem 01.01.2010 gilt, wird in vielen Städten heute noch überschritten. Deshalb mussten deutschlandweit in vielen Städten Luftreinhaltepläne erarbeitet werden. Sie enthalten u. a. Maßnahmen zur Absenkung der Emissionsbelastung.
Wie ist die aktuelle Rechtslage?
Aufgrund der fortgesetzten Grenzwertüberschreitungen hat die EU-Kommission am 18.06.2015 ein formelles Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und weitere EU-Staaten eingeleitet. In Deutschland sind insgesamt 29 Gebiete betroffen, in denen zwischen 2010 und 2013 die Grenzwerte überschritten wurden. Nach Ansicht der EU-Kommission reichen die in diesen Gebieten ergriffenen Maßnahmen nicht aus.
Die Deutsche Umwelthilfe hat mehrere Kommunen auf kurzfristige Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte verklagt. Das wirksamste Mittel sieht sie in Dieselfahrverboten.
Gegen die Urteile der Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Stuttgart wurde Sprungrevision eingelegt. Der Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig zum Düsseldorfer Urteil wird am 22.02.2018 erwartet.
Warum stehen gerade Dieselfahrzeuge im Mittelpunkt der Diskussion?
Anders als bei der Verschärfung der Abgasnormen von Euro 5 zu Euro 6 angenommen, hat die Umweltbelastung durch verkehrsbedingte Stickoxide insbesondere in Großstädten nicht in erwartetem Umfang abgenommen. Während bei Feinstaubemissionen eine deutliche Reduktion erreicht werden konnte, hat die Einführung der Euro 6-Norm – bedingt durch die realitätsfernen EU-Messvorgaben und Ausnahmetatbeständen – nur bei einigen Fahrzeug-/Motoren-Typen zu Verbesserungen der Emissionswerte geführt.
Darüber hinaus hat der Bestand an Diesel-Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in den letzten 15 Jahren zugenommen, ebenso die gefahrenen Kilometer pro Person.
Der VW-Dieselskandal hat diese Gesamtproblematik verschärft. Dabei handelt es sich um eine serienmäßig eingebaute softwaregesteuerte Umstellung der Abgasreinigung bei erkannter Testsituation. Weiterhin wurde ein Passus der EU-Vorgabe soweit ausgenutzt, dass die Abgasreinigung „zum Schutz des Motors“ in der überwiegenden Zeit abgeschaltet wird.
Was ist geplant, um die Dieselemissionen zu senken?
Auf dem ersten Diesel-Forum am 02.08.2017 in Berlin wurde u. a. als erster Schritt beschlossen, dass deutsche Autohersteller auf eigene Kosten bei Euro-5- und teilweise Euro-6-Dieselfahrzeugen die Emissionswerte durch eine geänderte Software reduzieren. Nach ersten Schätzungen wird der erwartete Minderungseffekt an hochbelasteten Straßen noch nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führen - auch wegen der hohen Hintergrundbelastung. Deshalb werden derzeit auch die Möglichkeiten einer Hardware-Nachrüstung diskutiert und geprüft.
Welche Fahrzeuge könnten von einem Dieselfahrverbot betroffen sein?
Aktuell besteht für Dieselfahrverbote keine Rechtsgrundlage!
Folgende Szenarien stehen für etwaige Umweltzonen oder hochbelastete Straßenzüge zur Diskussion:
- Ausschluss aller Dieselfahrzeuge
- Ausschluss von Dieselfahrzeugen unterhalb der neuesten Euro-Abgasnorm (6 d)
- Ausschluss von Dieselfahrzeugen unterhalb Euro 6 (Blaue Plakette)
Wo drohen in NRW Fahrverbote?
Fahrverbote drohen in allen Städten, in denen der Grenzwert kurzfristig nicht durch andere Maßnahmen eingehalten werden kann. Das sind neben den seitens der Deutschen Umwelthilfe in NRW beklagten Städten Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen und Köln auch jene Städte, denen die Deutsche Umwelthilfe ein Klageverfahren angedroht hat.
Auskunft erteilt der Ansprechpartner der jeweiligen Handwerkskammer.
Welche Alternativen gibt es für Dieselfahrzeuge?
In bestimmten Nutzerprofilen ist der Einsatz von Nutzfahrzeugen mit alternativen Antriebstechniken (Elektro, Gas, Brennstoffzelle u. a.) sinnvoll. Für die meisten Einsatzbereiche handwerklicher Nutzfahrzeuge gibt es auf absehbare Zeit jedoch keine Alternative zum Dieselmotor.
Weitere Informationen zur Zukunft der Mobilität
Welche Position vertritt das Handwerk?
Gesundheitsschutz ist auch für das Handwerk von besonderer Bedeutung. Allerdings sind Handwerksbetriebe, deren Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden auf uneingeschränkte Mobilität angewiesen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten.
Handwerksbetriebe haben in den vergangenen Jahren im Zuge der Umweltzonenregelungen in die Erneuerung ihres Fuhrparks investiert und ihn im Vertrauen auf die Umweltverträglichkeit und die Einhaltung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte in weiten Teilen auf Euro 5 Standard gebracht. Fahrverbote kämen einer Enteignung von Betriebsmitteln gleich und wären für viele Betriebe existenzbedrohend. Das Handwerk lehnt Fahrverbote grundsätzlich ab, da sie die Betriebe massiv belasten.
Betriebe benötigen Planungs- und Investitionssicherheit. Das Handwerk fordert für die gewerblich genutzten Fahrzeuge einen Bestandsschutz im Rahmen der üblichen Nutzungsdauer.