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Pressemitteilung Nr. 51 vom 28. September 2015Pro und Contra "Akademisierungswahn"

Julian Nida-Rümelin und Olaf Gersemann zum Streitgespräch in der Kammer.
Ehlert: Berufsausbildung modernisieren und weiter mit dem Studium verschränken

Starker Andrang am Montagabend in der Handwerkskammer: Annähernd 300 geladene Gäste hatten sich im Konferenztrakt der HWK eingefunden, um einem Streitgespräch zwischen dem früheren Kulturstaatssekretär Professor Julian Nida-Rümelin und dem Leitenden Wirtschaftsredakteur der WELT, Olaf Gersemann, zu folgen - und anschließend ebenso lebhaft mitzudiskutieren. Zugespitzter Titel der in Kooperation mit dem ASG-Bildungsforum durchgeführten Podiumsveranstaltung: "Wieweit gefährdet der Akademisierungswahn die berufliche Bildung?"

"Wenn deutlich mehr als die Hälfte der Schulabgänger studieren, dann gefährden wir die auf Basis beruflicher Qualifikationen ihrer Mitarbeiter weltweit erfolgreichen mittelständischen Unternehmen. Und auf die Abgänger der Hochschulen warten in diesem Ausmaß beileibe keine Führungsaufgaben in Wirtschaft und Staat", fasste Professor Julian Nida-Rümelin sein in der Öffentlich breit diskutiertes Petitum für eine Umkehr in der Bildungspolitik zusammen. "Ja, wir brauchen eine Bildungsexpansion. Aber sie muss wieder verstärkt auf die duale Ausbildung, auf die Entwicklung praktischer, technischer und sozialer Begabung anstatt auf rein kognitive Fertigkeiten setzen. Und durch eine umfassend höhere Wertschätzung dieses Weges zu einer echten Gleichgewichtigkeit in den Karriere-Möglichkeiten und im Status zwischen akademischer und beruflicher Ausbildung führen", sprach Nida-Rümelin Klartext pro Duale Ausbildung.

Das duale System der beruflichen Bildung erzeuge mittelmäßige, zum Teil nicht mehr nachgefragte Qualifikationen, hielt der Journalist Olaf Gersemann dagegen. Am deutschen Berufsbildungswesen werde "die Welt nicht genesen"; sie habe das Modell nicht übernommen: Deutschland erziele im Vergleich mit den dynamischen Volkswirtschaften magere Wachstumswerte und schmore "ideologisch im eigenen Saft". Gersemann plädierte dafür, genauer hinzusehen, welche Lösungen andere Länder fänden. So verlange der Innovationsbedarf des Landes im Wettbewerb mit anderen aufstrebenden Volkswirtschaften nicht zuletzt nach mehr Spitzenqualifikation akademischer Prägung; die Hochschulen, selbst die exzellenten, seien jedoch unterfinanziert. Speziell die digitale Herausforderung lasse die Wirtschaft nach anderen Kompetenzen verlangen als sie die traditionelle Berufsausbildung und die Massenuniversität erzeugten, so der Leiter der Wirtschaftsredaktion der Zeitung "Die Welt".

"Häppchenwissen a la Bologna ist keine Bildung", schloss sich Ehlert der Kritik des Wirtschaftsjournalisten an, verhehlte jedoch nicht, dass er für den geistigen Impuls des früheren Kulturstaatssekretärs Nida-Rümelin "besonders dankbar" sei: Der Stellenwert, die Voraussetzungen und Anstrengungen von Bildung müssten gesellschaftlich neu verhandelt werden. Und das am besten in Anlehnung an das umfassendere Ziel einer Ausbildung der gesamten Persönlichkeit, wie sie etwa die Meisterqualifikation sicherstelle: "Hier lernen junge Menschen eben auch, mit Freiheit und Verantwortung umzugehen, und sich auf eine komplexe Führungsaufgabe wie das Unternehmertum vorzubereiten, die das Erwirtschaften von Mehrwert erst sichere". Im Beharren auf einer "Kultur der Qualifikation", für die die handwerkliche Ausbildung stehe, und einer weiter voranschreitenden Modernisierung und Öffnung der Lehre im Sinne einer Verschränkung mit dem Studium - nicht zuletzt durch vermehrtes Angebot dualer und trialer Studiengänge - deutete der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, Andreas Ehlert, zwei Thesen zur Vermittlung zwischen beiden Argumentationspolen an, die von den Kombattanten des Streitgesprächs und im Publikum willkommen geheißen wurden.

Unser honorarfreies Pressefoto (Quelle: Wilfried Meyer) zeigt (v. l.): Wirtschaftsjournalist Olaf Gersemann ( (Die Welt), den früheren Kulturstaatssekretärs Professor Julian Nida-Rümelin und Kammerpräsident Andreas Ehlert.

Konrad Alexander Europawahl

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