Drohen Baustopps und Kurzarbeit trotz voller Auftragsbücher? Materialengpässe bei Baustoffen
Pressemitteilung Nr. 26 vom 28.4.2021
Engpass könnte zu einem Hemmschuh für die Erholung der Wirtschaft werden.
Auf eine zunehmend angespannte Versorgung der Bau- und Ausbaubranchen mit Material und Werkstoffen macht die Handwerkskammer Düsseldorf aufmerksam. Gleichzeitig würden Preise für Vorprodukte wie Holz, Metalle, Dämmwolle, Farben und Silikone derzeit stark ansteigen, informiert die Kammer. Auch Fachverbände bestätigen die Verknappung bei Baustoffen und Halbzeug: So hat der Zentralverband des Baugewerbes (ZDB) bereits vor einigen Tagen auf eine „sehr dynamische“ Preisentwicklung und teilweise Lieferschwierigkeiten hingewiesen: Holz sei seit September um 15 bis 20 Prozent teurer geworden, Mineralölerzeugnisse um 15 Prozent und Betonstahl um 30 Prozent. Auch der Bundesverband Farbe berichtet von Preiserhöhungen um rund 50 Prozent bei Wärmedämmung und zum Teil auch bei Trockenbauprofilen.
Als zentrale Ursache für den sich zuspitzenden Rohstoff-Mangel auf heimischen Märkten geht die Kammer und gehen die Verbandsexperten von einer überstark angesprungenen Nachfrage aus China und in den USA aus, wo die Konjunktur sich bereits in den letzten Monaten durchgreifend erholt habe. „Hersteller kommen nun mit dem Wiederhochfahren der Produktion nicht nach“, nachdem sie in der ersten Phase der Pandemie die Erzeugung gedrosselt hätten, so HWK-Präsident Andreas Ehlert. „Hält diese Mangelsituation an, könnten Baustopps und in der Folge auch Kurzarbeit die Folge sein - trotz voller Auftragsbücher!“
Neben Materialnot auch generelle Preisanstiege befürchtet
Praktiker aus den betroffenen Handwerksinnungen hatten der Kammer und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks im Rahmen einer Obermeisterkonferenz der HWK vor wenigen Tagen ferner ihre Beobachtung mitgeteilt, wonach Produzenten und Großhändler das Knappheitsproblem für generelle Preisanstiege in ihren Sortimenten nutzten.
Kammerpräsident Ehlert informierte am Montagabend im Rahmen einer virtuellen Dialogveranstaltung mit 200 Handwerksunternehmerinnen und -Unternehmern Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über die neuen Marktverwerfungen im Bausektor.
„Es ist ein absolutes Brandthema. Der Materialengpass am Bau könnte sich zu einem echten Hemmschuh für eine rasche konjunkturelle Erholung der gewerblichen Wirtschaft nach Ende der Pandemie auswachsen", so Ehlert. Kunden und Auftraggeber müssten sich darauf einstellen, dass Bau- und Ausbaubetriebe, die derzeit in großer Breite unter Lieferengpässen und Preissprüngen für Vorprodukte „teils in kurzer Folge“ litten, aktuell gehäuft gezwungen seien, Preisgleitklauseln in die Leistungsverträge hineinzunehmen, warb Ehlert bei Verbrauchern um Verständnis.
Kommentare aus dem Handwerk
"Farben und Dämmstoffe sind einfach kaum mehr zu erhalten oder werden nicht geliefert. Ich muss Aufträge strecken oder schieben. Besonders ärgere ich mich aber über den Preisanstieg auch bei nicht raren, heimischen Grundstoffen wie Kalkputzen."
Jörg Schmitz, Obermeister der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf
"Andere Betriebe unserer Branche haben wegen der Holznot schon Kurzarbeit anmelden müssen. Wir sehen zu, dass wir alle Lagerkapazität jetzt gefüllt bekommen, damit wir im Sommer überhaupt arbeiten können. Das bindet natürlich enorm Kapital. Gleichzeitig wird auch Dämmmaterial immer teurer. Der Kubikmeterpreis für Styropor hat sich auf über 120 Euro fast verdoppelt. Und Preisnachschläge sind fest zu erwarten, denn wir zahlen Vorkasse, der avisierte Auslieferzeitpunkt ist aber erst Ende Juni. Das alles zehrt an den Reserven, die wir dringend benötigen, falls uns doch noch ein Corona-Ausbruch einholen sollte. Gleichzeitig sind immer mehr Baustellenprojekte allein schon deshalb gefährdet, weil einer der Beteiligten in der Kette, zum Beispiel der Zimmermann, ohne Material dasteht und seine Vorleistung nicht erbringen kann."
Dachdeckermeister Mark Notthoff, Oberhausen
"Bei Stahl gibt es aktuell Preiszusagen für höchstens drei Tage. Eine Tonne kostet um elf Uhr 1500 Euro, um 15 Uhr schon 1600 Euro; der Bezugspreis ist seit Jahresbeginn um einhundert Prozent gestiegen. Aber auch Messing ist seit Jahresbeginn um 20 Prozent teurer geworden. Ein gemeinsames Projekt mit einem Dachdeckerbetrieb musste ein halbes Jahr geschoben werden, weil im Augenblick die dafür benötigten Trapezbleche fehlen."
Johannes Arnzen, Obermeister Innung für Metallhandwerke Mülheim a. d. R. - Oberhausen
Der Preisdruck ist massiv, Preissteigerungen kommen in rascher Folge. Wir raten den Betrieben, bei neuen Auftragsprojekten Preisgleitklauseln in die Verträge einzusetzen."
Tischlermeister und KHM Thomas Dopheide, Düsseldorf
"Für die bereits vorhandenen Aufträge konnten wir uns noch versorgen. Unser Dachdecker-Einkauf hatte vorgewarnt. Bei Fenstern sind die Lieferzeiten auf zehn Wochen verdoppelt."
Dachdecker- und Zimmerer-Innung Mülheim, Obermeister Jens-Peter Richard, Richard Dachbau
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