Pressemitteilung Nr. 51 vom 17.10.2017Dieselfahrverbote: HWK befragt Betriebe
Kurzfristige Dieselfahrverbote führen zu dramatischen Einschränkungen für die Pendler-, Wirtschafts- und Versorgungsverkehre: 83 Prozent der Nutzfahrzeuge im Handwerk nutzten Kraftstoffart
Ein kurzfristiges Einfahrverbot für Dieselfahrzeuge nach Düsseldorf würde im Großraum der Landeshauptstadt mehr als 80 Prozent aller Fahrzeuge des Handwerks blockieren. Betroffen wären rund 25.000 Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeugen der Handwerksunternehmen in Düsseldorf selbst und bis zu 50.000 weitere Nutzfahrzeuge von Handwerksbetrieben im Großraum um die Landeshauptstadt, die regelmäßig Aufträge in der Stadt zu erledigen haben. 55 Prozent der Einsatzwagen sind Lkw; noch mehr – nämlich 60 Prozent der gewerblich bewegten Dieselfahrzeuge – werden mit Anhänger genutzt. „Alternative“ Aggregate wie Elektro, Gas oder Hybrid sind bislang erst für schwächer ausgelegte Vehikel am Markt verfügbar; aber auch bei den sog. Leichten Nutzfahrzeugen gibt es sie nicht überall; ein Angebotsdefizit besteht nicht zuletzt bei E-Transportern für die höheren Gewichtsklassen dieser Kategorie. „83 Prozent der Handwerkerflotte fährt Diesel. Diese Antriebsart ist im Handwerk vorläufig unverzichtbar, wenn unsere Produzenten und Dienstleister auch in Zukunft noch die Geschäfte, Baustellen und Privatkunden beliefern sollen. In anderen Worten: Kurzfristige Dieselfahrverbote werden zu dramatischen Einschränkungen für Pendler, den Wirtschaftsverkehr und die Versorgung der Bevölkerung führen“, fasste der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf Dr. Axel Fuhrmann am Dienstag vor Journalisten Ergebnisse einer Umfrage der HWK zum Fahrzeug-Bestand und den Auswirkungen eines drohenden Banns für die Stickoxid-auffällige Kraftstoffart zusammen.
Lkw ohne Antriebsalternative
Die Erhebung ist aufgrund der Rücklaufstruktur nicht für das gesamte Handwerk repräsentativ (Rücklauf = 274 antwortende Firmen); an der Umfrage haben sich überwiegend Betriebe beteiligt, die von Fahrverboten in Düsseldorf betroffen sind. Jeweils über 40 % der Teilnehmer gaben an, dass sie von erweiterten Fahrverboten in Düsseldorf „ziemlich stark“ oder sogar „existenziell“ betroffen seien. Im Schnitt bewegen die befragten Unternehmen 4,8 Fahrzeuge. Nur 15 % der Betriebe setzen leichte Nutzfahrzeuge mit Benzin-Motor ein; mit alternativen Antriebsarten sind lediglich 20 der 1333 im Rahmen der Umfrage gemeldeten Mobile ausgestattet. Nur zehn Prozent der antwortenden Firmen gab an, überhaupt auf Fahrzeuge mit alternativen Aggregaten umstellen zu können.
Von Stoppschildern für Dieselfahrzeuge wären grundsätzlich alle Branchen des Wirtschaftssektors betroffen – auch solche, die selbst keine Transporter einsetzen –, weil auch die Mobilität von Käufern und Auftraggebern und der Mitarbeiter, die zum Betriebsstandort einpendeln, eingeschränkt wird: Die Frage, ob auch Lieferanten, Kunden oder Angestellte betroffen sind, bejahten 91 % der befragten Betriebe. Hauptbetroffene Handwerksbranchen ausweislich der Umfrage sind die Gewerke des Bauhaupt- und des Ausbaugewerbes, die Fahrzeuge zum Material- und Gerätetransport zu Baustellen und Kunden einsetzen müssen, darunter vor allem typischerweise Gewerke wie SHK, Elektrotechnik, Tischler und Maler. Kfz-Gewerbe und Handwerke für Personenbezogene Dienstleistungen wären von Stoppschildern für Dieselautos in einer anderen Weise negativ berührt: indem sie für ihre Kunden dann schlechter erreichbar sind.
Fuhrmann: Hersteller zur Nachrüstung verpflichtet
„Der Fuhrpark des Handwerks ist erst in den letzten Jahren mit erheblichem Aufwand weithin erneuert worden“, machte Fuhrmann auf maßgebliche Investitionen des Wirtschaftsbereichs in saubere Motoren, aber auch auf nun eingeschränkte finanzielle Spielräume für erneute, umfangreiche finanzielle Aufwendungen in die Transportmobilität aufmerksam. „Das Gros der Betriebe verfügt nur über ein oder ganz wenige Fahrzeuge, die entsprechend auch einen hohen Anteil am Betriebsvermögen und an den Investitionskosten ausmachen. Dazu kommen die Kosten für Ein- und Umbauten, die ausweislich der Studie im Schnitt 4.380 Euro je Fahrzeug betragen.“ Der kleine Wagen-Bestand je Betrieb setze auch einem komplexen Flottenmanagement Grenzen, betonte Fuhrmann: Das Handwerk habe seine Umweltsensibilität und Gesundheitsverantwortung zur Genüge unter Beweis gestellt: „53 Prozent der Fahrzeuge sind in oder nach dem Jahr 2013 erstzugelassen und damit nicht älter als vier Jahre. Jedes zweite Dieselnutzfahrzeug erfüllt aufgrund dessen die Euro 5-Norm, weitere 16 Prozent bereits den Euro 6-Standard“. Dabei werde das Gros der Fahrzeuge 10 bis 15 Jahre lang genutzt. Fuhrmann: „Nur 5 Prozent im Bestand sind älter 15 Jahre.“ Die Jahreslaufleistung der Handwerkerfahrzeuge sei mit im Schnitt 17.500 Km/Jahr gering. Gar nur wenige Dutzend oder Hundert Kilometer p.a. seien Sonderfahrzeuge am Bau wie Bagger, Raupen, Kräne und Schleppfahrzeuge im Einsatz: „Baufahrzeuge kosten zwischen mehreren zehntausend und mehreren Millionen Euro. Sie von innerstädtischen Baustellen auszuschließen, würde die Bautätigkeit in der Stadt mit einem Schlag lahmlegen und viele Bauunternehmen und Arbeitsplätze gefährden“, wies Fuhrmann auf die spezielle Diesel-Sorge im Bauhauptgewerbe hin.
„Eine Umstellung der Handwerksflotte ist kurzfristig nicht möglich – erst recht nicht fürs Baugewerbe“, hielt Fuhrmann als Fazit fest. „Das Handwerk hat moderne Fahrzeuge im Vertrauen darauf gekauft, dass sie umweltgerecht sind. Jetzt sind die Hersteller in der Pflicht, für effektive Nachrüstung zu sorgen oder emissionsärmere Ersatzfahrzeuge zu stellen.“
"Stadt der kurzen Wege" angemahnt
An die Adresse von Bund, Land und Kommune gerichtet, forderte der Hauptgeschäftsführer der HWK Düsseldorf Bestandsschutz im Rahmen der üblichen Nutzungsdauer für die Dieselflotte des Handwerks. „Unsere Unternehmen und Organisationen werden nur effektive Maßnahmen akzeptieren“, so Fuhrmann. „Erst zukünftige Euro 6-Norm-Fahrzeuge werden eine spürbare NOx-Senkung bringen. So lange müssen vor Ort alle Möglichkeiten der Schadstoffsenkung vorangetrieben werden, um Problemzonen der lokalen Werte-Überschreitung wie die Corneliusstraße zu entschärfen, vor allem der für den Stickstoffausstoß wesentlich bedeutsamere städtische Fuhrpark erneuert, Durchfahrtsverkehre verflüssigt, Landstrom für die Rheinschifffahrt bereitgestellt und die Ladeinfrastruktur für E-Mobilität konsequent ausgebaut werden.“Fuhrmann sprach sich darüber hinaus für eine bessere Abstimmung und Integration in der Verkehrs-, Umwelt- und Stadtplanungspolitik aus. „Das künftige Leitbild muss die Stadt und die Region der kurzen Wege sein. Eine Entlastung für Pendler und Anwohner ist ohne einen angebotsorientierten, emissionsarmen Öffentlichen Personennahverkehr nicht zu schaffen.“ Dann könne „auch die Kirche im Dorf“ bleiben. Denn es wird auch in Zukunft nicht möglich sein, Heizkessel auf dem Fahrrad oder in der Straßenbahn zu transportieren.“