Junges Paar in seinem Tischler-Betrieb
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30. April 2024Handwerkskammer Düsseldorf meldet positive Gründungsbilanz

Aber: Sorge um ausreichende Zahl an Start ups mit Meisterqualifikation in naher Zukunft - Schon 650 Handwerkerinnen und Handwerker profitieren kammerweit von neuer Meisterprämie

Gute Nachrichten aus der Gründerszene im mittelständischen Segment der Wirtschaft: Im Handwerk in der Kernregion Nordrhein-Westfalens, dem Großraum Rhein, Ruhr-West und Wupper, sind im Jahr 2023 so viele Existenzgründungen erfolgt wie seit 15 Jahren nicht: Das von der Handwerkskammer Düsseldorf geführte Unternehmensregister zählte 5.776 Neueintragungen durch Jungunternehmerinnen und -Unternehmer. Insgesamt zählte die HWK einschließlich Ummeldungen 7560 Neueintragungen in ihr Gewerbeverzeichnis, die Handwerksrolle.

Der Aufwuchs bei den Firmengründungen findet dabei mehrheitlich in zulassungsfreien Berufen statt, und dort im Segment der (ausbildenden) Branchen der sog. Anlage B1 der Handwerksordnung, in denen eine Meister- oder vergleichbare Qualifikation freiwillig und nicht bindend vorgeschrieben ist. Auf dieses Segment entfielen 2.929 der Geschäftseröffnungen – ein Allzeitrekord. „Der verstärkte Drang in die berufliche Selbstständigkeit vollzieht sich parallel zu einer gewerberechtlichen Aufwertung und gleich-zeitigen Stärkung des Qualifikationsprofils in der Kosmetikerbranche, im Holz- und Bautenschutzgewerbe sowie im Bestatterberuf,“ erläuterte der Präsident der HWK Andreas Ehlert bei der Vorstellung der Grün-dungsstatistik am Dienstag vor Journalisten Hintergründe. Alleine bei den Kosmetikern verdoppelte sich die Zahl der Geschäfts-Neueintragungen im Kammerbezirk im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 von 535 auf 1104; im Bautenschutz von 127 auf 216. „Diese Berufe haben sich weiter professionalisiert – und sind damit attraktiver geworden für die Realisierung und Finanzierung eigener Geschäftsideen“, begründete Ehlert den dynamischen Detailtrend.

Aber auch bei den besonders qualifizierten Start-ups mit Meister- oder vergleichbarer Qualifikation fällt die jüngste Jahresbilanz positiv aus: 1.388 mal verzeichnete die Handwerksrolle im Zeitraum zwischen dem 1.1. und 31.12.2023 einen Betriebszugang in einem der 53 sog. Vollhandwerke, die eine Meisterpflicht für den selbstständigen Berufszugang vorsehen - immerhin der zweithöchste Wert der letzten zehn Jahre. Ehlert: „Gerade Meistergründungen sind besonders langlebig, wie wir aus wiederholten Eigenanalysen zur Permanenz von Start-ups nach Geschäftseröffnung wissen.“ Danach haben regelmäßig 60 bis 70 Prozent der von besonders qualifizierten Jungunternehmerinnen und -Unternehmern aufgemachten oder neu geführten Betriebe fünf Jahre überdauert und in dieser Zeit Beschäftigungsaufbau betrieben.

Entsprechend viel zu tun hatte auch die Betriebsberatung der größten Handwerkskammer des Landes: von den insgesamt 2181 betriebswirtschaftlichen Beratungen entfielen 75 % auf Gründungsvorhaben und Betriebsübernahmen, darunter 1020 Consultings zu geplanten Existenzneugründungen und 621 erfolgte Erstberatungen von Interessenten an einer Betriebsnachfolge; hinzu kamen 470 besondere Intensiv-Begleitungen von Gründungswilligen, die sich mit Kammer-Hilfe im Rahmen des Projekts „Karrierescout“ darauf vorbereitet haben, ein Unternehmen weiterzuführen; angereichert um 16 Workshops und 57 Einzel- und Gruppencoachings. Insgesamt betreute die HWK damit unterm Strich mehr potenzielle Existenzgründende und übergabewillige Altinhaber als im Vor-Coronajahr 2019 (damals 1930 Fälle).

Der Peak könnte allerdings womöglich vorerst überschritten sein, denn der nachrückende Jungmeisterjahrgang 2023 bekundet ausweislich einer Umfrage der HWK im Vergleich zu seinen Vorgängern mehr Zurückhaltung beim Gedanken an eine eigene Geschäftseröffnung oder -Übernahme. Die Zahl der erfolgreichen Prüfungsteilnehmer aus dem Kammerbezirk, die gründen wollen oder bereits selbstständig sind, sank erstmals seit Jahren auf unter 50 %. Fast 60 Prozent der an einer Umfrage der HWK teilnehmenden Meisterabsolventen des Jahres 2023 bezeichneten „bürokratische Auflagen“ als größte unternehmerische Herausforderung. „Gründermut bedarf stabil kalkulierbarer Bedingungen und permanenter ordnungspolitischer Pflege. Ein steigendes Steuer- und Abgabenniveau und die gerade in den letzten Jahren ins Kraut geschossenen administrativen Erfüllungs- und Berichtspflichten der Unternehmen für den Staat sind das Gegenteil davon. Die dadurch entstehenden unproduktiven Kosten belasten vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen und Existenzgründer stark,“ mahnte Ehlert, der andererseits betonte: „Die Botschaft, dass gerade der Bürokratieverhau unternehmerische Initiative abwürgt, ist bei Bund, Land und auch in Europa nachdrücklich platziert und dort auch angekommen. Wir sehen bei aller berechtigter Kritik an bestimmten Rahmenbedingungen unterm Strich jedoch keinen Grund, die Perspektive berufliche Selbstständigkeit schlechtzureden. Für qualifizierte Könnerinnen und Könner gibt es nach wie vor keine erfüllendere Perspektive als sein Ding auf eigene Rechnung und Risiko zu machen.“

Zumal sich wesentliche Voraussetzungen der Meistergründung und der Förderung der Meisterausbildung speziell in NRW jüngst noch einmal deutlich verbessert haben: Der Handwerkspräsident verwies auf die vor wenigen Jahren auf 10.500 Euro angehobene Zuschussförderung der Meistergründungsprämie, das 2022 deutlich angehobene Meister-BAföG und die am 1.8.23 in Kraft getretene Meisterprämie NRW für alle Absolvierenden einer Meisterschule in Höhe von 2.500 Euro. Mit positivem Sofort-Effekt: „Seither sind – Stand heute - bereits alleine im Kammerbezirk Düsseldorf bereits 650 Prämien geflossen“, so Ehlert, „und die Teilnehmerzahlen bei der Meisterfortbildung gestiegen“. Ob daraus mittelfristig auch wieder mehr Meister-Gründungen erwachsen, hänge, so Ehlert, „stark davon ab, ob sich die rahmensetzende Politik tatsächlich zu einer durchgreifenden Entlastung von Gründern und mittelständischen Unternehmen aufraffen kann.“ 

 

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