Nachfolge im Handwerksbetrieb
HWK/Manfred Grünwald

25. Mai 2022HWK dringt auf bessere Rahmenbedingungen für Gründer und Firmennachfolger

Die nachrückende Meistergeneration zeigt ein erhöhtes Interesse an unternehmerischer Selbstständigkeit und am Gründen. Die Bereitschaft, den Schritt in die berufliche Unabhängigkeit wagen zu wollen, hat sich unter Jungmeisterinnen und -meistern von 50 % (2019) auf 58 % aller Meisterabsolventen erhöht, so eine aktuelle Umfrage der Handwerkskammer Düsseldorf unter den 826 Absolventen der Meisterprüfungen des vergangenen Jahres im größten Kammerbezirk in NRW. Und es bleibt nicht bei bloßen Willensbekundungen: Im (meisterpflichtigen) Vollhandwerk verzeichnete die Handwerksrolle der HWK in den letzten beiden Jahren einen Anstieg bei den registrierten Existenzgründungen um mehrere Hundert - trotz der Beschränkungen aufgrund der Pandemie. „Der auflebende Gründermut im Handwerk gehört sicher zu den besten Nachrichten aus der Wirtschaft in letzter Zeit,“ ordnete der Präsident der Kammer, Andreas Ehlert, die überraschend positive Entwicklung beim Unternehmernachwuchs ein. „Das Land benötigt jeden dieser Gründerinnen und Gründer, um die großen Transformationen meistern zu können: Den Klimaschutz im Gebäudesektor, die Mobilitätswende und die Digitalisierung. Das alles geht nur mit vielen starken Unternehmen,“ unterstrich Ehlert – und mahnte: „Die Politik muss diesen Leistungsträgern den Rücken freihalten und ihnen Steine aus dem Weg räumen.“

Bürokratieabbau im Kriechgang

Auf unnötige Erschwernisse beim Start und in der Phase der Existenzfestigung stießen Gründer – so Ehlert – vor allem in Form von Bürokratie, beim Personalaufbau und der Suche nach Gewerbeflächen. Zwar sei in NRW in den letzten fünf Jahren bei der Entschlackung von Vorschriften und Verfahren „einiges passiert“. Andererseits seien etwa im Umweltrecht Dokumentationspflichten auch neu entstanden; so im Kreislaufwirtschaftsgesetz, bei der Gewerbeabfall- und der Verpackungsverordnung. Ehlert: „Das Ziel, die administrative Grundlast unterm Strich spürbar zu verringern, bleibt eine Daueraufgabe.“ Das Handwerk mahnt eine konsequente Fortführung des Bürokratieabbaus und einen Belastungsstopp für den Mittelstand an. „Dafür fordern wir mehr Kompetenzen für die Clearingstelle Mittelstand in Form eines Initiativrechts bei der Überprüfung von bereits bestehenden Gesetzen, Verordnungen und Erlassen.“ Darüber hinaus sei die Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsleistungen „überfällig“. So würden Handwerksgründer etwa im neuen Wirtschaftsservice-Portal WSP-NRW noch nicht konsistent und umwegfrei zur Anmeldung geführt.

Speziell für junge Unternehmen berge ferner der herrschende Fachkräfte- und Nachwuchsmangel ein existenzielles Risiko: „Ohne Mitarbeitende lässt sich kein Unternehmen aufbauen,“ so Ehlert. Im Rahmen ihrer turnusmäßigen Konjunkturumfrage haben der Handwerkskammer in diesem Frühjahr 40 Prozent der Betriebe offene Stellen gemeldet – so viele wie noch nie. Dabei setzt der wichtigste NRW-Fördertopf für qualifizierte Gründerinnen und Gründer, die Meistergründungsprämie, die Einstellung einer Fachkraft oder eines Lehrlings sogar voraus. „Die duale Ausbildung als Grundlage für Fachkräftenachwuchs muss noch entschlossener gestärkt werden,“ forderte der Handwerkspräsident. Das proklamierte Ziel echter Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung müsse konsequenter verfolgt, die Ausstattung der Berufsbildungseinrichtungen verbessert und deren Finanzierung verstetigt werden. Ehlert bezeichnete politische Pläne für eine Ausbildungsabgabe für Firmen, die gerne ausbilden würden, aber keine Azubis finden, als „an jeder Realität im Handwerk vorbeigehend.“

Für handwerkliche Start-Ups wird es in den Großstädten außerdem immer schwieriger überhaupt verfügbare und bezahlbare Standorte zu finden. „Steigende Miet- und Bodenpreise, einseitiger Vorrang für Wohnungsbau und Umnutzung von Gewerbe- und Mischgebieten drängen das Handwerk an der Stadt an den Rand. Hier müssen die Kommunen gegensteuern“, beklagte Ehlert Fehlentwicklungen in Stadtentwicklung und -Planung. „Die Menschen wollen ihre Versorger in ihrem Viertel haben. Gerade Jungunternehmer brauchen diesen Platz, um sich zu entwickeln.“

Zugriff auf günstiges Kapital wird schwieriger

Verschlechtert habe sich im Übrigen zuletzt auch der Zugriff auf günstige Finanzierungsmittel. Bei den bestehenden Programmen gebe es „überlange Bearbeitungsfristen und rasante Zinssteigerungen“, so der Handwerkspräsident. Beim KfW-Startgeld zum Beispiel habe sich der Zins bei einer Laufzeit von fünf Jahren seit Januar von 1,09 % auf 3,70 % gesteigert. Auch der in NRW vergleichsweise sehr hohe Hebesatz bei der Grunderwerbsteuer von 6,5 % bedeute einen wirtschaftlichen Startnachteil für Gründer, die ins Eigentum gehen wollen oder müssen - ebenso wie das von NRW geplante Grundsteuermodell, das nicht nur „überkomplex“ ausgestaltet sei, sondern auch eine ständig steigende Realsteuerlast aus dieser Steuer mit sich bringen werde. „826 neue Meisterinnen gehen im Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper in Führungsverantwortung. Sie stehen für Können, Leistungsbereitschaft und Beschäftigungsaufbau. Es ist deshalb in unser aller Interesse, dass sie optimale Startbedingungen haben, um unternehmerisch durchzustarten,“ bündelte der Kammerpräsident seinen Appell an die künftige Landesregierung und Landespolitik. 

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