Informationen für Unternehmen sowie Praktikantinnen und PraktikantenPraktika zur beruflichen Orientierung
Praktika bieten Schülerinnen und Schülern eine gute Möglichkeit sich über einzelne Berufsbilder zu informieren und potentielle Ausbildungsbetriebe kennenzulernen. Unternehmen haben im Gegenzug die Chance, für ihr Gewerk zu werben und Jugendliche und junge Erwachsene für eine Ausbildung zu gewinnen. Nebenbei leisten sie einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Orientierung.
Praktikumsformen
Form, Dauer, Rhythmus und Ziele von Praktika können stark variieren. Grundsätzlich lassen sich Praktika in Freiwillige und Verpflichtende unterscheiden. Im Folgenden finden Sie eine Auflistung der gängigsten Praktikumsformen:
Berufsfelderkundung
Als einen der ersten Schritte in der Berufsorientierung absolvieren Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen drei eintägige Schnupperpraktika. Diese werden von den Schulen organisiert und sind verpflichtend. Durch das Kennenlernen von drei unterschiedlichen Berufen und Unternehmen, haben die Jugendlichen die Möglichkeit, sich anschließend für ein favorisiertes Berufsfeld zu entscheiden. Unternehmen können ihre freien Stellen auf Online-Plattformen der Kommunalen Koordinierungen melden.
Schulpraktikum
Schülerbetriebspraktika sind an allgemeinbildenden Schulen (in der Regel in den Klasse 9, 10 oder 11) und an Berufsschulen verpflichtend. Die Praktika dauern in der Regel zwischen 2 und 3 Wochen und der Zeitraum wird von der Schule vorgeschrieben. Langzeitpraktika über das ganze Schuljahr hinweg (in der Regel 1-2 Tag pro Woche) gewinnen zunehmend an Beliebtheit, da sie die Bindung zwischen Unternehmen und Schülerin oder Schüler langfristig aufbauen und somit die Chance auf ein anschließendes Ausbildungsverhältnis erhöhen. Diese werden sowohl in den Jahrgangsstufen 8-10 der allgemeinbildenden Schulen als auch in der Ausbildungsvorbereitung und in den Berufsfachschulen der Berufskollegs angeboten.
Freiwilliges Ferienpraktikum
Schülerinnen und Schüler haben zusätzlich die Möglichkeit während der Schulferien Praktika in Handwerksunternehmen zu machen. Diese sind freiwillig und im Gegensatz zu einem Ferienjob steht die Berufsorientierung im Vordergrund. Mehr als 4 Wochen (20 Arbeitstage) pro Jahr sind für vollzeitschulische Jugendliche nicht erlaubt.
Pflichtpraktikum vor oder während des Studiums
Verpflichtende Praktika vor oder während eines Studiums sind hochschulrechtlich verankert. Dauer und Umfang des Praktikums sind von Studiengang zu Studiengang unterschiedlich.
Einstiegsqualifizierung (EQ)
Nicht immer klappt der Sprung von der Schule in den Beruf auf Anhieb. Wer kein Jahr verlieren möchte, für den ist eine Einstiegsqualifizierung (EQ) eine Alternative. Daran teilnehmen können Jugendliche, die bis zum 30. September eines jeden Jahres noch keinen Ausbildungsvertrag oder eingeschränkte Vermittlungschancen haben.
Ziel ist die Vermittlung von Grundkenntnissen und -fertigkeiten, um die Praktikantinnen und Praktikanten auf eine anschließende Berufsausbildung vorzubereiten.
- Die Förderung beginnt frühestens ab 1. Oktober. Ein vorzeitiger Beginn der Maßnahme ab 1. August ist je nach Voraussetzungen der Teilnehmenden möglich (z. B. bei Bewerberinnen und Bewerbern aus den Vorjahren)
- Dauer: 4 bis 12 Monate
- Eine Einstiegsqualifizierung kann auch in Teilzeit durchgeführt werden.
- Sofern die Praktikantin bzw. der Praktikant noch berufsschulpflichtig ist, ist der Besuch der Berufsschule notwendig. Sollte keine Berufsschulpflicht (mehr) bestehen, ist die Teilnahme am Berufsschulunterricht trotzdem sinnvoll, möglichst in der jeweiligen Fachklasse.
- Nach Ablauf erhalten die Teilnehmenden ein Zeugnis vom Betrieb. Auf Wunsch kann auch ein Zertifikat der Handwerkskammer angefordert werden. In Einzelfällen können die Zeiten der EQ auch auf die nachfolgende Ausbildung in demselben Beruf angerechnet werden.
- Die Agentur für Arbeit erstattet auf Antrag des Betriebs monatlich nachträglich Teile der Vergütung und einen pauschalisierten Sozialversicherungsbeitrag.
Praktika anbieten & finden
Um Jungendliche und junge Erwachsene für ein Praktikum (oder eine Ausbildung) mit Betrieben zusammenzubringen, stellt die Handwerkskammer Düsseldorf eine Lehrstellen- und Praktikumsbörse zur Verfügung. Nach Angabe des Wunschberufs und Wohnorts können Praktikumsbetriebe gesucht werden. Die Absprache von Beginn und Dauer erfolgt direkt mit den Betrieben. Wer lieber das Handy zur Praktikumssuche nutzt, kann auf die bundesweite App "Lehrstellenradar" zurückgreifen.
Zudem bieten viele Kommunale Koordinierungsstellen regionale Praktikumsbörsen an. Eine Auswahl finden Sie hier:
Praktika durchführen
Damit ein Praktikum zum Erfolg für Betrieb und Praktikantinnen und Praktikanten wird, gilt es einige Dinge zu beachten.
Tipps für Praktikumsbetriebe:
- Stellen Sie einen Praktikumsplan auf.
- Kündigen Sie die Praktikantin oder den Praktikanten bei den Mitarbeitenden an.
- Bereiten Sie die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung vor.
- Halten Sie vor Praktikumsbeginn Kontakt zur Praktikantin oder zum Praktikanten, um Fragen zu klären und Hürden abzubauen. Auch die Kontaktaufnahme mit der betreuenden Lehrkraft bei Schulpraktika kann sinnvoll sein.
- Stellen Sie der Praktikantin oder dem Praktikanten einen Azubi zur Seite, um sich schnell einzugewöhnen und spannende Einblicke in den Ausbildungsalltag zu erhalten.
- Bereiten Sie eine Vorstellung des Unternehmens für den ersten Praktikumstag vor.
- Geben Sie während des Praktikums regelmäßig Feedback und stellen Sie ein Praktikumszeugnis aus.
- Halten Sie mit guten Praktikantinnen und Praktikanten auch nach dem Praktikum Kontakt (z. B. Einladung zum Tag der offenen Tür), um sie für eine Ausbildung gewinnen zu können.
Tipps für Praktikantinnen und Praktikanten:
- Überlege dir genau, in welchem Handwerksberuf du dein Praktikum machen möchtest. Im Berufe A-Z findest du eine Übersicht aller Berufe.
- Informiere dich vorab genau über deinen Praktikumsbetrieb und den angebotenen Ausbildungsberuf.
- Frage nach, ob du bestimmte Arbeits- und Schutzkleidung tragen musst.
- Halte dich an die Verhaltensregeln im Betrieb. Hinterlasse deinen Arbeitsplatz immer sauber und ordentlich. Das Handy gehört in die Tasche - du kannst es in der Mittagspause nutzen.
- Falls du etwas nicht verstanden hast, frage nochmal nach. Die Kolleginnen und Kollegen helfen dir gerne weiter.
- Gib Bescheid, wenn du mit deiner Aufgabe fertig bist und erkundige dich, wie du noch helfen kannst.
- Frage nach Feedback und lass dir auf jeden Fall ein Praktikumszeugnis geben.
- Wenn es dir im Betrieb gut gefallen hat, kannst du dich nach einem Ausbildungsplatz erkundigen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Damit ein Praktikum zum Erfolg wird, müssen Unternehmen einige rechtliche Rahmenbedinungen beachten. Abhängig von der Art des Praktikums gelten teilweise unterschiedliche gesetzliche und versicherungsrechtliche Regelungen. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der geltenden Vorschriften.
Bei minderjährigen Praktikantinnen und Praktikanten gilt - unabhängig von der Form des Praktikums - das Jugendarbeitsschutzgesetz. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. Die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit an 5 Tagen pro Woche beträgt
- für vollzeitschulpflichtige Jugendliche und Kinder unter 15 Jahren 7 Stunden pro Tag.
- für Jugendliche unter 18 Jahren 8 Stunden.
Hinzu kommen verpflichtende Ruhepausen von
- 30 Minuten Pause bei einer Arbeitszeit zwischen 4,5 und 6 Stunden.
- 60 Minuten Pause bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden.
Eine ausführliche Darstellung des Jugendarbeitsschutzgesetzes finden Sie in der Broschüre "Klare Sache - Jugendarbeitsschutz und Kinderarbeitsschutzverordnung" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Bitte beachten Sie die dort aufgeführten Hinweise zu Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Ruhepausen und Ruhetagen.
- Das Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten
- Arbeiten, bei denen dauerndes Stehen erforderlich ist
- Arbeiten mit erzwungener Körperhaltung
- Arbeiten mit einem hohen Maß an Verantwortung
- Arbeiten, bei denen die Jugendlichen außergewöhnlicher Hitze, Kälte und Nässe ausgesetzt sind
- Arbeiten, bei denen Jugendliche gesundheitsschädlichem Lärm, gefährlichen Strahlen und gefährlichen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind
- Akkordarbeit
Abhängig von Art und Dauer des Praktikums ist eine angemessene Vergütung oder Mindestlohn zu zahlen. Ob das von Ihnen angebotene Praktikum mindestlohnpflichtig ist, erfahren Sie im Klickpfad des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Kein Mindestlohn ist zu zahlen bei
- Pflichtpraktika aufgrund einer konkreten Rechtsgrundlage,
- freiwilligen Orientierungspraktika und Begleitpraktika , wenn diese nicht länger als 4 Monate dauern sowie
- Praktika zur Einstiegsqualifizierung,
Nur weil kein Mindestlohn zu zahlen ist, bedeutet das jedoch nicht, dass keine Bezahlung erfolgen muss. Bei freiwilligen Praktika, die der Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dienen, ist eine angemessene unter Umständen unter dem Mindestlohn liegende Vergütung zu bezahlen (vgl. §17 und §26 BBiG). Als angemessen gilt eine Vergütung, die der Ausbildungsvergütung entspricht.
Ausnahme: Bei einem sehr kurzen Aufenthalt im Betrieb (max. 7-10 Tage) sowie bei rein passiven Beschäftigungsverhältnissen ohne Einbindung in den Arbeitsprozess kann auf eine Vergütung verzichtet werden, sofern kein wirtschaftlich verwertbarer Beitrag zum Betriebsergebnis geleistet wird.
Wichtiger Hinweis: Je länger ein Praktikum dauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass es sich tatsächlich um ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis handelt – auch wenn Berufsorientierung als Ziel vertraglich vereinbart wurde. Unabhängig vom Ziel besteht ab einer Dauer von drei Monaten in jedem Fall eine Vergütungspflicht ab dem ersten Tag des Praktikums.
Freiwilliges Praktikum: Sofern kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, sind keine Beiträge für die Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung zu entrichten. Da ein Praktikum von vollzeitschulpflichtigen Schülerinnen und Schülern auf maximal 4 Wochen bzw. 20 Arbeitstage innerhalb eines Jahres befristet ist, besteht Versicherungsfreiheit. Diese besteht sogar dann, wenn ein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Ist die Praktikantin oder der Praktikant über 18 Jahre alt und überschreitet die Beschäftigungsdauer 2 Monate im Zusammenhang oder 50 Arbeitstage für ein Jahr, so ist sie bzw. er sozialversicherungspflichtig, wenn er ein Entgelt für das Praktikum erhält. Auch in der Einstiegsqualifizierung werden Beiträge zur Sozialversicherung fällig. Im Einzelfall ist es immer ratsam, die zuständige Krankenkasse zum Thema Sozialversicherung anzusprechen.
Freiwilliges Praktikum: Die Praktikantin bzw. der Praktikant wird gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII arbeitnehmerähnlich für den Betrieb tätig und ist ebenfalls gesetzlich unfallversichert. Versicherungsrechtlich ist es unerheblich, ob ein Entgelt gezahlt wird oder nicht. Zuständig ist bei Eintritt des Versicherungsfalles die jeweilige Fachberufsgenossenschaft des Betriebes. Da Praktikantinnen und Praktikanten kraft Gesetzes versichert sind, bedarf es keines Antrages bzw. keiner Meldung an den gesetzlichen Unfallversicherungsträger vor Aufnahme eines Praktikums. Im Schadensfall hat der Betrieb diesen an den gesetzlichen Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft) unverzüglich zu melden.
Freiwilliges Praktikum: Es besteht keine gesetzliche Haftpflichtversicherung. Vermögens- und Sachschäden, die durch Praktikantinnen und Praktikanten verursacht werden, werden je nach Lage des Einzelfalls von der Haftpflichtversicherung des Betriebes oder des Praktikanten bzw. der Eltern übernommen.
Ziel der Ferienarbeit ist in erster Linie das Verdienen von Geld. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler nutzen in den Ferien die Möglichkeit, durch eine Ferienarbeit ihr Taschengeld aufzubessern. Schülerinnen und Schüler, die 15 Jahre alt sind, dürfen in den Schulferien höchstens 4 Wochen (20 Tage) im Jahr arbeiten. Diese 4 Wochen können auch über das Jahr verteilt werden. Auch hier sind die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes anzuwenden. Für Jugendliche, die noch der 10-jährigen Vollzeitschulpflicht unterliegen, gelten ebenfalls die Vorschriften für Kinder. Als Kind gelten jene, die noch nicht 15 Jahre alt sind.
Eine Beschäftigung von Kindern ist in der gewerblichen Wirtschaft, in der Produktion, im Handel oder im Dienstleistungsgewerbe grundsätzlich nicht zugelassen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wie beispielsweise das Austragen von Zeitungen oder die Betreuung von Personen und Tieren.
Versicherungstechnisch werden Ferienarbeitsverhältnisse wie reguläre Arbeitsverhältnisse behandelt. Bei Fragen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte an ihre zuständige Sozialversicherung.